DIE GÖTTER

Mordreds Tales Mordreds Tales

Hypnos

Drunten in den Unterwelten,

wo des Göttervaters Gesetze nicht gelten,

in dunkler Statt zwei Brüder leben,

die den Menschen Ruhe geben.

Der Sanfte besucht Dich nur zur Nacht,

vor seinem Bruder nimm Dich in acht.

Schlaf der Erste wird genannt.

Sein Bruder ist als Tod bekannt.

In der Unterwelt, gleich links hinter dem Hades, dort, wo sich Tag und Nacht begegnen, befindet sich eine wunderbare Immobilie. Ein landschaftlich schön gelegenes Wassergrundstück, am Ufer des Stromes Lethe, eingerahmt von Schlafmohn. Die höhlenartige Grotte (so mancher nennt sie auch eine grottenmäßige Höhle) ist besonders für den ruhebedürftigen Interessenten zu empfehlen. Es ist ein Ort der Ruhe in Vollkommenheit, ohne Licht und ohne Laut. Keine Sonne hat jemals das Innere berührt. Selbst der unruhigste Geist findet hier Ruhe. Die Grotte kann jeweils von montags bis sonntags zwischen Dämmerung und Sonnenuntergang besichtigt werden. Betriebsferien werden rechtzeitig vorher bekannt gegeben. Unter www.tartaros.had.es können Newsletter und Eintrittskarten bestellt werden. Gruppenermäßigung ab 20 Personen. Götter zahlen das Doppelte.

Betrieben wird diese Immobilie durch zwei Brüder. Hypnos und Thanatos. Zwei Brüder, wie es unterschiedlicher keine anderen gibt. Der eine, Hypnos, Gott des Schlafes, Bruder des Todes, Vater der Träume ist ein sanfter Geselle. Er thront auf einem Bett aus edlem, dunklem Holz umgeben von seinen Söhnen, den Träumen. Selten sieht man ihn im Streit, stets hält er sich bedeckt. Und doch ist er mächtiger als beinahe jeder andere unter den Göttern. Und er ist leidenschaftlicher Nichtschwimmer.

Sein Bruder Thanatos ist ein grimmiger Geselle. Sein Herz ist hart, sein Geist eisern. Nie lässt er einen Menschen los, hat er ihn erst ergriffen. Jede Frau, jeder Mann ist vor ihm gleich, ob Bettler, ob König. Er ist der Tod. Doch ist er nicht böse. Thanatos, so grimmig er auch erscheint, ist der sanfte Tod. Gewalt ist nicht seine Natur. Ker steht für die Gewalt im Tod.

Es begab sich, dass Hypnos' zarte Gestalt nackt am Ufer des Flusses Lethe wandelte. Es war ein sonniger Tag, wovon in der Unterwelt natürlich nichts zu spüren war. Der perfekte Tag um unbekleidet lustzuwandeln. Der Gott des Schlafes sah die Sonne zwar nicht, aber er stellte sie sich vor. Hypnos hatte als Vater der Träume viel Fantasie. Etwas zu viel meinte sein Bruder, aber er gab nichts drauf.

Hypnos, lustwandelnd und träumend, pflückte eine Mohnblüte. Und noch eine. Und noch eine und noch eine. "Hach!", seufzte er verträumt, zog ein Bild hervor (ja, wir Götter haben selbst dann Taschen, wenn wir unbekleidet sind. Oder woher, glaubt Ihr, haben die Frauen die Handtaschen?) und lächelte verzückt. Aphrodite! Die schöne, so wunderschöne Aphrodite! Wenn Hephaistos wüsste, wie verschossen er in Aphrodite war ... Wenn Aphrodite ihn doch nur erhöööööööö ...

Es platschte laut. Vier Mohnblüten schwammen auf dem Wasser des Flusses Lethe, ein nicht schwimm-fähiger Gott schwamm unter der Oberfläche. Das passiert, wenn man an eines Flusses Gestaden von fremder Herren Gemahlinnen träumt und nicht seines Weges achtet. Ein falscher Schritt und man landet im Fluss. Oder wassert vielmehr in Selbigem.

Hypnos strampelte. Hypnos wedelte panisch mit den Armen. Hypnos' Kopf durchbrach die Wasserober-fläche. Er riss den Mund auf, holte so tief Luft, wie er konnte. Es war eine blöde Idee, so tief Luft zu holen. Götter ertrinken nicht. Wenn Götter nicht schwimmen können, reicht es, sich auf den Grund sinken zu lassen und dann an Land zu laufen. Götter müssen dabei nicht einmal atmen. Aber macht das mal einem panischen Aquaphobiker klar, wenn er im Wasser versucht, nicht unterzugehen. Das blöde an der Idee, tief Luft zu holen, war aber, dass Hypnos noch einatmete, als sein Kopf schon wieder unter Wasser war. Normalerweise macht auch das nichts. Das Schlimmste, was im Regelfall passiert, ist, dass gott hinterher eine Stunde vor dem Pissoir steht und das Wasser wieder rauslässt. Lehte jedoch ist der Fluss des Vergessens. Trinkt man von seinem Wasser, vergisst man. Trinkt man mehr, vergisst man viel für lange Zeit. Und Hypnos schluckte RICHTIG viel von dem Zeug.

Unter Aufbietung all seiner Kräfte gelangte der Schlafgott schließlich nach Luft ringend ans rettende Ufer. Sportlich ist anders. Aber er schaffte es. Irgendwie. Es fror ihn. Zitternd lief er in seine Grotte, stolperte über die Falte eines Teppichs und blieb vor der Gestalt eines unbekleideten jungen Mannes stehen.

„Hallo?“, fragte er grüßend. „Hallo?“, grüßte der andere fragend. Hypnos hob winkend die rechte Hand. Der andere tat es ihm mit der Linken gleich. Das Wort „Spiegel“ ging ihm durch den Kopf. Was er mit diesem Wort anfangen sollte, wusste er aber nicht. Der Gott wollte die Hand seines Gegenüber ergreifen. Doch er stieß sich seine Finger an einer metallenen Platte. Tastend begutachtete er das Metall. Sein Gegenüber tat dasselbe. Hypnos kratzte sich nachdenklich am Kopf, der andere auch. Zur gleichen Zeit. In einem Anfall von Erkenntnis riss er die Augen auf. DAS war also ein Spiegel! Dann war der gut aussehende junge Mann gar er selbst!

Ein Lächeln stahl sich auf Hypnos Lippen. Er drehte sich um sich selbst, wollte alles ganz genau betrachten. „Schööööön ...“, seufzte Hypnos, formte die Lippen zu einem Kuss. „Aber, wer bin ich? Warum habe ich Schmetterlingsflügel auf meinem Kopfe? Kann ich fliegen?“

Hypnos flatterte mit den Armen. „Nein, fliegen kann ich nicht.“ Hypnos nahm die Flügel vom Kopf und warf seinem Spiegelbild erneut einen Kuss zu. „Hmmm, irgendwie ...männlicher. Wäre ich eine Frau, könnte ich mich vielleicht in mich verlieben.“

Unsicher schaute sich der Gott des Schlafes um. Er war allein. Niemand da, der ihm helfen konnte, ihm sagen konnte, wer er verdammt noch mal war. Seine Söhne waren auf einer Fortbildung. Nicht, dass Hypnos – Lethes Wasser sei Dank – eine Ahnung von seinen Söhnen gehabt hätte. Sein Bruder Thanatos war beruflich unterwegs. Er hatte das Privileg, in seiner zweiten Personifikation als Ker an den Thermopylen 300 Spartiaten abzuholen. Und 78396 Perser. Plus/minus zwei oder drei. Auch davon hatte Hypnos natürlich keine Ahnung. Er wusste ja nicht einmal, dass er einen Bruder hatte. Es war also niemand da, der Licht in die ohnehin schon dunkle Grotte hätte bringen können. Geschweige denn in das Dunkel in Hypnos Erinnerungen.

***

Die Stunden gingen in die Unterwelt. Hypnos hatte immer noch keine Ahnung, wer er war. Nichts in seiner Grotte weckte auch nur den Hauch einer Erinnerung. Immer wieder betrachtete er sich im Spiegel, bald mit Schmetterlingsflügeln, bald mit Adlerflügeln, bald ohne. Jetzt noch war er splitterfasernackt, gleich trug er einen dicken Mantel ...Nichts! Keine Erinnerung. Er nahm ein Kettchen, das er in einer kleinen Truhe fand, und ließ es vor seinem Gesicht hin und her pendeln. Ohne Erfolg. Hypnose half also auch nicht. Schlaf? Hypnos fand keinen Schlaf, so sehr er sich auch in seinem Bett umherwälzte. Irgendjemand musste ihm aber sagen können, wer er denn sei. Hypnos tat also das einzig Logische: Er schmierte sich zwei Butterbrote, packte die Brote und 2 hart gekochte Eier in eine Butterbrotdose, nahm ein seltsames Horn, das am Eingang hing und ihm irgendwie gefiel, und hüpfte am Fluss entlang Richtung Süden. Hinaus aus der Unterwelt. Unterwegs pflückte der Gott noch ein paar Mohnblumen. Er hüpfte, er war nackt, er hielt eine rosarote Butterbrotdose in Händen. Die Eier schaukelten in der Butterbrotdose lustig hin und her.

Hypnos Beine fühlten sich an, als wäre er einen Tag durchmarschiert, als er plötzlich Stimmen hörte. Vier Männer saßen vor einem Haus, tranken Wein und unterhielten sich lautstark, lachten und tranken wieder.

„Seid gegrüßt, Ihr Herren!“ Hypnos trat an die Männer heran, die ziemlich verwirrt und etwas skeptisch auf den unbekleideten Gott schauten. „Wisst Ihr zufällig, wer ich bin?“

Die Männer sahen sich an und begannen eine heiße Diskussion. „Wer ist das?“ „Wer könnte uns fragen, wer er selbst ist? Der neue Stadthalter?“ „Haben wir überhaupt einen Stadthalter?“ „Schreibt man das nicht Statthalter?“ „Ich weiß nicht, wer das ist. Rennt hier nackend rum! Also wirklich!“ „Bloß nichts Flasches sagen!“ „Das heißt ‚bloß nichts Falsches sagen‘, Depp! Benutze gefälligst eine ordentliche Rechtschreibung bei dem, was Du sagst!“ „Müsste es da nicht Rechtsprechung heißen?“ „Lenk nicht ab!“

Die Diskussion zog sich hin. Hypnos setzte sich derweil zu den Männern und hört zu. „Ihr scheint mich auch nicht zu kennen“, meinte er nach einer kurzen Weile. Erst jetzt bemerkten die vier anderen, dass er bei ihnen saß. Erschrocken fuhren sie zusammen. Erschrocken über die erschrockenen Männer fuhr Hypnos auf und stieß mit dem Knie an die Tischkante, woraufhin ihm sein Horn beinahe aus der Hand fiel. Im letzten Augenblick hielt er es fest. Für den Inhalt des Hornes war es aber zu spät. Glitzernder Staub hing einen Augenblick in der Luft, die Männer niesten, dann fielen ihre Köpfe krachend auf die Tischplatte.

„Schade“, murmelte Hypnos und ging weiter.

Estiatorios trat aus seiner Taverne und sah seine liebsten Stammgäste schlafend am Tisch sitzen. ‚Selt-sam!‘, dachte er. ‚Dabei verdünne ich den Wein doch immer, damit sie mehr trinken können.‘

***

In einem anderen Teil Griechenlands genoss die junge Ariadne derweil den Mondaufgang. Es war Vollmond und der jungen Dame ward einst geweissagt, dass sie in einer Vollmondnacht ihre wahre unsterbliche Liebe fände, wenn der Schlaf zu ihr käme.

Aber eigentlich hat das mit unserer Geschichte gar nichts zu tun.

***

Hypnos, während Ariadne sich weit entfernt im Vollmond sonnte, lief weiter. Verzweiflung begann, ihn zu plagen. Niemand weit und breit kannte und erkannte ihn. Niemand! Gesenkten Blickes stapfte er traurig weiter. Und weiter. Und weiter.

Der Morgen dämmerte allmählich. Dunkelrot erhob sich die Sonne über den Horizont. Ein Hauch von Blau zeigte sich am morgendlichen Himmel. Lerchen zwitscherten, ein kleines Häschen steckte vorsichtig die Nase aus seinem Bau und Männer rasselten mit ihren Schwertern, während Hypnos verträumt und nach-denklich einen Schritt vor den anderen tat, ohne dabei auf seinen Weg zu achten.

Männer rasselten mit ihren Schwertern?!!! Hypnos sah nach links. 500 Hopliten mit dem Bildnis einer Eule auf ihren Schilden ließen ihre Speere in der Morgensonne glitzern. 1000 weitere Männer – ebenfalls mit einer Eule auf dem Schild – ließen ihre Schwerter gegen eben jene knallen.

Hypnos sah nach rechts. Noch einmal so viele Männer in Rüstungen mit Speeren, Schwerter und Schilden. Ihr Feldzeichen war eine Keule. Und sie machten genauso viel Lärm wie die anderen.

Hypnos sah wieder nach links. Bewaffnete Männer. Hypnos sah nach rechts. Noch mehr bewaffnete Männer. Hypnos sah nach unten und dachte nach. Hypnos blickte auf. Seine blauen Augen weiteten sich. Auweia! Er war unbemerkt mitten auf einem Schlachtfeld gelandet! Schreiend stürmten die Krieger aufei-nander zu. Schreiend drehte sich Hypnos um und rannte weg. Schreiend stieß er sich den Kopf an der Rüstung des Mannes, in den er unvermittelt reingerannt war. Der Mann war groß und muskulös. Sein Blick war grimmig, als er schreiend grummelte: „Hey, pass doch au ….“ Dann gähnte er. Glitzerstaub hing in der Luft und Ares sank zu Boden, eingeschlafen, noch bevor er ganz unten lag.

Ohrenbetäubende Stille dröhnte über das Schlachtfeld. Kein Mucks regte sich. Eulen- wie Keulenkrieger standen da und sahen sich an. Ein Mann auf der Eulenseite fragte laut, warum sie eigentlich hier wären. Ein Mann auf der Keulenseite zuckte ratlos mit den Schultern und lud die anderen zu einem Fest ein. Er würde guten thebanischen Wein mitbringen, wenn die anderen – er nannte sie Athener – für die Speisen sorgten. Die Athener stimmten zu. Der Tag war gerettet und viele Tausend Menschenleben auch. Und die Soldaten beider Heere freuten sich.

Nur einer freute sich nicht.

Gebrüll unterbrach die hypnotische Stille. „WAS FÄLLT DIR EIN!!!!“

„Häh?“

Ein Mann, ein äußerst wütender, äußerst schrecklich aussehender Mann stürmte auf den Gott zu, packte ihn im Nacken und drehte ihn so, dass er keine Wahl hatte, als seinem Gegenüber in die Augen zu blicken.

„HAST DU NICHT MEHR ALLE MOHNBLUMEN AUF DER WIESE????? ICH HALTE MIR DEN TAG FREI, UM DIESE MÄNNER VOM SCHLACHTFELD ABHOLEN ZU KÖNNEN!!!!! VOR DREI TAGEN IST DER THRAKISCHE KÖNIG VERGIFTET WORDEN!!!!! DER EINZIGE GRUND, WARUM ER NOCH NICHT TOT IST, IST, DASS ICH MIT DIESEM SCHLACHTFELD ZU TUN HATTE!!!!! EIGENTLICH HÄTTE ICH IHN HEUTE MORGEN ABHOLEN MÜSSEN!!!!! DAS GEHÖRT ZUM SERVICE BEI KÖNIGEN!!!!! UND DANN????? DANN VERSAUT MEIN EIGENER BRUDER ALLES, INDEM ER ARES EINSCHLAFEN LÄSST!!!!!“

„Äh, wer? Wen?“, stammelte der verschüchterte Gott des Schlafes, „Und wer seid Ihr mein Herr?“

Der schreckliche Mann riss die Augen auf. „BIST DU BLÖD????? HÄLTST DU MICH FÜR BLÖD????? SPIELST MIR VOR, DU WÜRDEST DEINEN BRUDER NICHT ERKENNEN!!!!! MIT DER SANFTEN TOUR KOMMST DU BEI MIR NICHT WEIT, DAS WEISST DU!!!!!“

Der andere war also sein Bruder. Hypnos dachte kurz nach. Eineiige Zwillinge konnten sie aber nicht sein. Er selbst sah viel besser aus als dieser schreckliche Kerl. PATSCH! Die freie Hand des bösen, hässlichen Kerls traf Hypnos‘ Hinterkopf.

„Verzeiht, Herr“, sagte der Schlafgott beschwichtigend, „aber hättet Ihr die Güte, mir zu sagen, wer ICH eigentlich bin? Irgendwie scheine ich dies vergessen zu haben.“

PATSCH! Noch eine Kopfnuss. „Aua! Fehlt Dir was? Schlecht geschlafen? Soll ich Dir helfen?“ Als Gott des Schlafes, dachte Hypnos, wäre das für ihn eine Kleinigkeit. Schläge auf den Hinterkopf helfen auch Göttern beim Denken und Erinnern.

PATSCH! „NA, FÄLLT UNS WIEDER EIN, WER WIR SIND????? JA ICH BIN ES, THANATOS, DER GOTT DES TODES, DEIN BRUDER!!!!! UND JETZT ERKLÄR MIR; WAS DAS HIER MIT ARES SOLLTE!!!!!“ Thanatos wies auf den schlafenden Kriegsgott.

„Oh! Ist er nicht süß, wenn er schläft? Schau, wie er am Daumen nuckelt!“ Gerade rechtzeitig duckte Hypnos sich unter einer weiteren Kopfnuss weg. Widerwillig lächelte sein Bruder. Ja, es war wirklich ein urkomischer Anblick, wie der ach so fürchterlich Gott des Krieges wie ein Baby mit dem Daumen im Mund am Boden lag. Aber ohne Umschweife lenkte er seinen strengen Blick wieder auf seinen Bruder, dem die Erinnerung dämmerte. Aphrodite …….

„Hoppla! Bin wohl in den Lethe gefallen und habe was vom Wasser geschluckt. War ich das mit Ares? Dieser große Kerl lässt sich von mir überrumpeln! Wo er doch immer so angibt. War die Schlacht eigentlich wirklich geplant? Der Wievielte ist heute? Ich glaube, heute stand nur jener König in Deinem Kalender. Solltest Dich aber ranhalten.“

Thanatos schnaubte. „HAST RECHT, KRIEGSTOTE WAREN HEUTE NICHT DRAN. NUR DER ATHENISCHE HAUPT-MANN. ALKOHOLVERGIFTUNG.“ PATSCH!

Hypnos blickte seinen Bruder ärgerlich an. „Wofür war das schon wieder?“

„FÜR DIE SACHE MIT DEM FLUSS! DU BIST NICHTSCHWIMMER, ALSO HALTE DICH VOM FLUSS FERN, TROTTEL! ODER LERNE ENDLICH, ZU SCHWIMMEN!“ Sprach’s und entschwand gen Thrakien. Hypnos ging zu Ares und hob die Butterbrotdose auf, die er vor Schreck fallen gelassen hatte. Er setzte sich auf den Boden, öffnete die Büchse und nahm eines der hart gekochten Eier raus.

***

Ja, oft sind es Kleinigkeiten, die eine Heldentat ausmachen. Dinge, die gar heldenhaft gedacht sind. Unfälle. Zufälle. Wenngleich die Moiren mir bezüglich der Zufälle wohl widersprechen würden. Aber die widersprechen auch einfach zu gerne. Es sind oft die unbedeutenden Dinge, die es wert sind, erzählt zu werden. Weil sie nämlich eine tiefe Moral haben.

Tiefe Moral? Wollja! Alle Krieger haben die Schlacht überlebt. Nachdem die Männer ihr aller Überleben gefeiert hatten und am nächsten Morgen aufwachten (bis auf den athenischen Hauptmann, der zu viel vom thebanischen Wein getrunken hatte – ja, auch das ist eine Moral dieser Geschichte: Seid vorsichtig mit Alkohol!), gingen sie irritiert in ihre Dörfer zurück. Ohne Kampf. Ohne Tote und verbrannte Erde zu hinter-lassen. Hypnos schenkte ihnen stattdessen nach dem Fest den Schlaf, der alle Sorgen und jeden Kummer vertrieben hat. Vertrieben, für immer, für alle Zeiten, ewiglich. Und wenn Thanatos sie nicht geholt hat, erzählen sie ihren Ururururenkeln heute noch von dieser Begebenheit. Also bitte! Kann einer den Hypnos noch mal in den Fluss des Vergessens werfen? Bitte! Geht das vielleicht? Vielleicht kann er so noch einen Krieg verhindern.

***

Gegen Mittag dieses Tages legte sich weit vom Ort des Geschehens entfernt die junge Ariadne in ihr Bett. Sie hatte die ganze Nacht keinen Schlaf gefunden.

Aber auch das trägt zu dieser Geschichte nicht wirklich bei.

weiter
zurück